Forum für Weltreligionen
AGORA-Vortrag, Dienstag 13. Juni

Peter Ramers, Vallendar

Mohandas Karamchand Gandhis Idee vom "Festhalten an der Wahrheit" (satyagraha) und sein Ideal der "Gewaltlosigkeit" (ahimsa)

Dienstag, 13. Juni 2023, 18.30-20.00  
(Otto-Mauer-Zentrum, Währingerstraße 2-4, 1090 Wien)

Der Vortrag wird als Artikel in Religionen unterwegs Nr. 1/2024 erscheinen.

 

Gandhis Bemühen, Religiosität und die politische Ethik mit dem Ziel politischer und sozialer Veränderungen zu vereinen, gründet im unbedingten „Festhalten an der Wahrheit“ (satyagraha) als der Konsequenz der inneren göttlichen Stimme und dem damit verbundenen Ideal der „Gewaltlosigkeit“ (ahimsa), das Gandhi in seiner Jugend sehr zu schätzen lernte und das er mit dem biblischen Ideal der Feindesliebe verknüpfte und in einem positiven Sinne als Vorschrift des Wohlwollens und der Liebe gegenüber allen Geschöpfen verstand. Das „Festhalten an der Wahrheit“ setzt dabei für ihn ein langfristiges Denken voraus, das auf die Etablierung eines stabilen friedlichen Miteinanders abzielt, wobei er auf die Macht der Machtlosen als die letztlich erfolgreiche Strategie des zivilgesellschaftlichen gewaltlosen Widerstandes vertraut. Damit hat Gandhi das Konzept einer interreligiös inspirierten Friedensethik zu einer zivilgesellschaftlichen Strategie ausgeformt, die im 20. Jahrhundert zu einer der wichtigsten Methoden des Widerstandes gegen ungerechten Herrschaftssysteme geworden ist.

 Prof. Dr. Peter Ramers

1996 Lektor für Religionsphilosophie und Geschichte der Philosophie. 1998 Dozent für Religionsphilosophie, Religionswissenschaft und Geschichte der Philosophie. 2001 Professor für Religionswissenschaft, Religionsphilosophie, Geschichte der Philosophie, Erkenntnislehre und Naturphilosophie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule SVD St. Augustin. 2004-2019 Prorektor und 2018-2019 Rektor der Fakultät. Seit 2021 Honorarprofessor für Religionswissenschaft und Interkulturelle Philosophie von der Vinzenz Pallotti University, Vallendar.

 Das Semesterthema: "MESSIANISMUS  ALS  GESCHICHTSPRÄGENDE  KRAFT" 

 

 


Prof. em. Anton PELINKA

Messianismus als Verweigerung von Offenheit und Vielfalt.
Kommunismus und Faschismus als moderne Messianismen

Dienstag, 16. Mai 2023, 18.30-20.00
Otto-Mauer-Zentrum, Währingerstraße 2-4, 1090 Wien

In den Texten von Lenin und Mussolini geht es um die von einer Person festgestellte Richtigkeit gesellschaftlicher Entwicklung. Kommunismus und Faschismus – die scheinbar so verschiedenen Systeme – beinhalteten immer auch und wesentlich die Unterwerfung von Volk und Masse unter eine einzelne Person, der besondere, ja übermenschliche Fähigkeiten zugeschrieben wurden. Das sollte diese Führungspersonen und deren ganzes System gegen das Konzept der Demokratie absichern, deren Wesen ja zentral in der In-Frage-Stellung jeder Führungsperson besteht.

In einer Demokratie wird die Sehnsucht nach Erlösung und Paradies nicht zur Aufgabe von staatlicher oder politischer Gemeinschaft gemacht. Faschismus, Nationalsozialismus und Kommunismus maßten sich diese Rolle an. Die arische Volksgemeinschaft oder auch die kommunistische Endgesellschaft waren Verheißungen, die nicht nur Unrecht für die Ausgeschlossen darstellen, sondern auch für die Verführten der quasi-religiösen politischen Ideologien die Katastrophe brachten: Die Verführten werden in Versuchung geführt, sich als Auserwählte zu sehen.

Faschismus und Nationalsozialismus versprachen eine perfekte Gesellschaft, abgeschirmt von allen realen oder vermeintlichen Feinden, der Kommunismus konnte mit einem analogen Versprechen perfekter Vollendung aufwarten. Der Perfektionsanspruch und der damit verbundene und durchgesetzte Verzicht auf intellektuelle Skepsis verbanden alle drei Totalitarismen – die Messianismen von rechts und von links.

Univ.-Prof. em. Dr. Anton Pelinka, 1975–2006 Universitätsprofessor für Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck, 2006–2018 Professor of Nationalism Studies and Political Science, Central European University in Budapest, seit 2018 ist er Mitglied des Universitätsrates der Universität Innsbruck. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf den Gebieten Demokratietheorie, Politisches System und Politische Kultur in Österreich und der Vergleichenden Parteien- und Verbändeforschung. Er gilt als Experte für die Themen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit.

 

 Das Semesterthema: "MESSIANISMUS  ALS  GESCHICHTSPRÄGENDE  KRAFT"

 


Prof. em. Tilman NAGEL

Der Dschihad als die Triebkraft und
die Scharia als die Bewahrung des Islam

Dienstag, 18. April 2023, 18.30-20.00
Otto-Mauer-Zentrum, Währingerstraße 2-4, 1090 Wien

 

In diesem Vortrag analysiert Tilman Nagel den Dschihad und die Scharia, die zwei auffälligsten Merkmale des Islam, von religionswissenschaftlicher Warte aus. Im Vordergrund steht dabei nicht die geschichtliche Entfaltung von Dschihad und Scharia, sondern der innere Zusammenhang, indem beide Phänomene zueinander stehen und aufeinander verweisen. Auf diese Weise wird es möglich, die spezifische Religiosität des Islam herauszuarbeiten und einen Beitrag zu seinem vertieften Verständnis zu leisten. Der Vortrag stützt sich einerseits auf eine historisch-kritische Lektüre der einschlägigen Passagen des Korans und andererseits auf die erhellenden Ausführungen der kuweitischen Enzyklopädie des islamischen Rechts, der umfangreichsten und tiefgründigsten zeitgenössischen Zusammenfassung der Schariagelehrsamkeit.

 

 

 

Univ.-Prof. em. Dr. Tilman Nagel, Orientalist und Islamwissenschaftler, 1981 bis 2007 Professor für Arabistik und Islamwissenschaft an der Universität Göttingen.

 Das Semesterthema: "MESSIANISMUS  ALS  GESCHICHTSPRÄGENDE  KRAFT"

 


Prof. Dr. Susanne PLIETZSCH:

Zwischen Verzweiflung, Hoffnung und Utopie.
Spuren des Messias in biblischen und rabbinischen Texten

Dienstag, 14. März 2023, 18.30-20.00
Otto-Mauer-Zentrum, Währingerstraße 2-4, 1090 Wien

"Der" oder "ein" Messias – auf Deutsch: Gesalbter (König oder Hohepriester) – ist in der jüdischen Überlieferung eine Gestalt, die mit dem Ende der Geschichte zu tun hat. Besser gesagt: Mit der Hoffnung auf eine verlässliche Wende der Geschichte, nicht nur zum Erträglichen, sondern zum Guten. Der Messias der jüdischen Tradition ist ein imaginierter guter Herrscher, der Frieden, Stabilität und Wohlergehen für die jüdische Gemeinschaft und die gesamte Welt bringt. Kein Wunder, dass eine solche Gestalt in existenziell bedrängenden Situationen auf breites Interesse stößt, wie das beispielsweise im römischen Palästina des 1. Jh. u.Z. der Fall war. Dort traten verschiedene Personen auf, die Messianität beanspruchten oder denen sie zugeschrieben wurde. Doch während z.B. Jesus von Nazareth als Christus zur zentralen Gestalt und zur zentralen Idee des entstehenden Christentums wurde, gingen die rabbinischen Autoren im ersten Jahrtausend u.Z. wesentlich zurückhaltender mit dem Messias-Thema um. Im Vortrag sollen anhand von Textlektüren verschiedene ihrer Perspektiven gezeigt werden. Auch Aspekte der Wirkungsgeschichte des Messias-Motivs sollen erwähnt werden.

 

Univ.-Prof. Dr. Susanne Plietzsch, Professorin für Judaistik und Leiterin des Zentrums für Jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg

 

Das Semesterthema: "MESSIANISMUS  ALS  GESCHICHTSPRÄGENDE  KRAFT"