GRENZERFAHRUNGEN ALS THEMA DER RELIGIONEN
Wintersemester 2020/21
Aufgrund der "Corona"-Maßnahmen werden die ersten drei Vorträge online abgehalten.
Anmeldung für Zoom erbeten auf: forum@weltreligionen.at
Di 13. Oktober 2020 Online
Bertram Schmitz, Jena
Der Koran als Grundlage eines universalen islamischen Missionsverständnisses
Di 3. November 2020 Online
René Dausner, Hildesheim
Der Messiasanspruch des Jesus von Nazareth im Kontext der Gottesknechtssendung Israels. Ein offenes Wagnis und dessen Bestätigung im Geist seiner Jünger
Do 3. Dezember 2020 Online
Silvia Richter, Berlin
Anthropologische Grenzerfahrung: Der Andere – Reflexionen von und über Emanuel Lévinas
Di 12. Jänner 2021
Borayin Larios, Wien
Übergange oraler Traditionen in die Schriften der Hinduwelt – Hindunationalismus und die religionsplurale Gesellschaft
Zum Semesterthema
Religionen sind dazu gegründet, friedliche und fruchtbare Lösungen letztlich mit der Spannung ontologischer Differenz zu stiften. Man spricht dann von Angrenzungen, Analogien, die zur Alterität führen. Unterschiede machen neugierig, locken zu Entdeckungen, führen zu Forschungen. „Variatio delectat“ (Abwechslung macht glücklich) sagten die alten Römer und meinten dabei nicht nur Speisepläne, Zirkusspiele oder ausgelassene Festlichkeiten. Überdies bringt Vielfalt innere Befruchtung und Bereicherung. Liegt darin nicht auch die Seligkeit der Liebe, statt dem Fluch eines monomanen, sterilen Autismus?
Selbstüberschreitungen dienen nicht der billigen Einebnung oder angriffigen Zerstörung des Anderen. Im Gegenteil haben sie staunende Ehrfurcht vor einer ebenbürtigen, vielleicht sogar Achtung gebietenden Andersheit. Denn sie selber erfahren in ihrem Vollzug ihre eigene, neue dh. Zukunft verheißende Identität. Meist sind es bedachte und wohl gesetzte Schritte. Manchmal müssen es aber eilende (nicht hastende), drängende Läufe samt Sprüngen sein! Jener Papst, der nach ihrer langen selbstgewählten Isolationshaft mit notorischer Sperrung gegen Neues im „Anti“(-modernismus) das Wagnis eines verbindenden, erlösenden „Dia“(-loges) zum Programm der Kirche wagte, pflegte von einem „balzo avanti“ (Sprung nach vorwärts, Hüpfen des Tanzes) zu sprechen.
Langeweile, Faulheit ist die Mutter aller Laster und Verkehrungen. Religionen suchen nicht einfach Unterhaltung zu bieten - solche sind allzu schnell öd und fade. Es geht ihnen vielmehr um das Urbild des Andersseins, den erhabenen Heiligen. Das Bekenntnis zum Geheimnis der Erlösung erfordert radikales Zurücklassen, um absolute Zukunft („Bettler des Absoluten“ Leon Bloy) zu finden. Erst hinter diesem Horizont des jenseitigen „Gottesreiches“ gibt es auch gültige Werte, ergiebige Beziehungen, eheliche Bünde im Diesseits dieser Welt. Ist Grenzüberschreitung - bei aller göttlichen Zuvorkommenheit für den Menschen - ohne Entgegenkommen dieses Gottes möglich?