Forum für Weltreligionen
AGORA Vortrag 14. Juni 2018

Donnerstag, 14. Juni 2018, 18.30-20.00

BUDDHISMUS

Zwischen Klösterlicher Abgeschiedenheit und soziopolitischen Engagement

Prof. Dr. Peter RAMERS, PTH St. Augustin/Bonn

Der Buddhismus hat sich seit den Tagen des historischen Buddha (5./4. Jh. v. Chr.) von seinem Ursprungsgebiet, der mittleren Gangesebene, nicht nur über ganz Indien ausgebreitet, sondern im Verlauf seiner Geschichte auch über weite Teile ganz Asiens und ist heute eine Religion, die in allen Teilen der Welt beheimatet ist. Dabei hat er – vor allem in der buddhistischen Diaspora der Moderne – angesichts der sich damit ergebenen neuen Herausforderungen entscheidende Transformationen durchgemacht, was u.a. zur Formung eines buddhistischen Modernismus beigetragen hat.

Die Begegnung mit der Moderne führte unter Buddhisten aller Richtungen weltweit nicht nur zu einer kritischen Reflexion buddhistischer Lehren und gelebter Religiosität im Lichte zeitgenössischer Auffassungen, sondern auch zu einer kritischen Beurteilung zeitgenössischer Positionen im Licht buddhistischer Erfahrungen. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Frage der Geschlechtergerechtigkeit, nach der Rolle der Laien und der Politik sowie die Menschenrechtsproblematik und ökologische Fragestellungen. Schließlich stellt sich angesichts der religiösen Vielfalt, denen sich der Buddhismus in der Diaspora gegenübersieht, auch die mehr auf theoretischer Ebene angesiedelte Frage nach einer „Buddhologie der Religionen“, also die Bestimmung seiner Beziehung zu anderen Glaubensrichtungen, und – mehr praxisorientiert – die nach dem interreligiösen Dialog.

Ort: Otto Mauer Zentrum, Währingerstr. 2-4, Mezzanin, 1090 Wien



Dienstag, 15. Mai 2018, 18.30-20.00

DER ISLAM UND SEINE NOMADISCHEN TRÄGER

Seine späteren Landwirtschaftskulturen und höfischen Stadtanlagen in Spannung mit modernen Gesellschaftsformen

Univ. Doz. Dr. Gottfried LIEDL, Universität Wien

In Zeiten globalisierter industrieller Landwirtschaft und Biotechnologie zeigt sich das andere, das hässliche Gesicht der europäisch-westlichen Fortschrittsgeschichte – eine rücksichtslose Ausbeutung, Schändung und Verarmung unserer Umwelt. Grundgelegt ist solche Unbekümmertheit, ja Rücksichtslosigkeit gegenüber der Welt und ihren Ressourcen nicht zuletzt in einem Naturverständnis, wie es beispielsweise schon bei Francis Bacon durchschimmert, bei dem sich „Natur“ jederzeit vor den Richterstuhl der Vernunft zitiert sehen soll, wo sie vom Mnschen nach Gutdünken beurteilt und behandelt (oder misshandelt) werden dürfe. Einer populären Auffassung gemäß soll dergleichen Vernunft- und Fortschritts- bzw. Machbarkeitsgläubigkeit (die alten Griechen hätten wohl Hybris dazu gesagt) im biblischen Dictum von der Natur, die sich der Mensch untertan mache, liegen; ein Grund mehr, sich zu Vergleichszwecken eine andere Weltreligion anzusehen und deren Umgang mit Natur in den Blick zu nehmen. Wenn man den entsprechenden Hinweisen (wie sie etwa der deutsche Islamwissenschaftler Tilman Nagel gibt) Glauben schenken darf, findet sich bereits im Koran der Auftrag, in der Natur die Emanation göttlicher Schöpferkraft zu erkennen und zu respektieren, weshalb sich der Mensch – bei aller Welthaltigkeit seines Daseins inklusive dem Recht auf Genuss – vom Schöpfer selbst für das Wohlergehen der Schöpfung in die Pflicht genommen sieht.

Ausgehend von entsprechenden koranischen Aussagen lassen sich die Spuren einer Naturverbundenheit, wie sie der altarabischen Gesellschaft nomadisierender Viehzüchter eignet und durch vorislamische, später dann islamische Poesie und Prosa weithin dokumentiert ist, bis in die elaborierte Ökonomie einer höfischen bzw. städtischen Gesellschaft hinein verfolgen. Im klassischen islamischen Kontext spiegeln beispielsweise Landwirtschaft und Gartenkunst mit ihrer Ausrichtung auf Nachhaltigkeit und sorgsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen diese vorislamisch-islamische Longue durée einer respektierten Natur ebenso wider wie die literarischen Erzeugnisse einer medizinisch-naturwissenschaftlichen Intelligentsia, die das Naturschöne durch ein Nützlichkeitskalkül nicht nur nicht in Frage stellt sondern, im Gegenteil, rechtfertigt und kulturell überhöht.

Ort: Otto Mauer Zentrum, Währingerstr. 2-4, Mezzanin, 1090 Wien



Dienstag, 10. April 2018, 18.30-20.00

DAS CHRISTENTUM ALS STADT- UND BILDUNGSRELIGION UND SEINE „LANDBEVÖLKERUNGEN“

Hoher inhaltlicher Anspruch – (alte und neue) Volksfrömmigkeiten – (post)säkulare Gesellschaft

Univ. Prof. Dr. Christoph NIEMAND, Kath. Theol. Privatuniversität Linz

Die ursprünglichen Lebensformen und die Inhalte einer Religion hängen zusammen. Was aber geschieht mit einer Religion, wenn sich ihre Umweltbedingungen stark verändern? Und inwiefern wirken sich Entwicklungen in der sozialen Schichtenzugehörigkeit und im Bildungsniveau der Mitglieder auf diese Religion aus?

Wer das Christentum betrachtet, wird die hohe Komplexität und kritische Intellektualität seiner Inhalte konstatieren müssen. Deshalb mag es verwundern, dass die Kirche für lange Jahrhunderte und in vielen Weltgegenden in die Position kam, gleichzeitig herrschende Staatsreligion wie flächendeckende Volksreligion zu sein. Aber war sie eigentlich dazu „geeignet“? Was hat die erfolgreiche „Karriere“ mit dem Christentum gemacht? Und vor allem: Wie werden sich in den kommenden Jahrzehnten die gleichzeitigen und widersprüchlichen Megatrends von „Säkularisierung“ und „Rückkehr des Religiösen“ auf die innere Verfasstheit christlicher Gemeinden auswirken?

Der Vortragende ist kein Experte für Religionssoziologie oder Pastoraltheologie, sondern Neutestamentler. Kann dann seine Fachperspektive aber überhaupt etwas zur Frage beitragen, welche gesellschaftlichen Orte die Kirchen von morgen einnehmen werden? Seine These mag überraschen: Da das Christentum – wie anhand einiger Fallbeispiele gezeigt werden wird – eine extrem anspruchsvolle Bildungsreligion ist, wird es „erfolgreich“ sein, wenn es diese seine Grundverfaßtheit wieder zu seiner Stärke macht. Deshalb und in  Abwandlung eines berühmten Satzes von Karl Rahner: Der Christ der Zukunft wird ein Intellektueller sein oder er wird gar nicht mehr sein!

Ort: Otto Mauer Zentrum, Währingerstr. 2-4, Mezzanin, 1090 Wien


Dienstag, 13. März 2018, 18.30-20.00

WÜSTENHEILIGTÜMER - JERUSALEMER TEMPELKULT - SYNAGOGENLITURGIE

Die Entwicklung der Religion Israels von einer nomadischen Naturreligion über den judäischen Staatskult hin zu synagogalen Diasporagemeinden

 Univ. Prof. Dr. Andreas VONACH, Universität Innsbruck

Die hebräische Bibel stellt die ersten kultischen Aktivitäten des Gottesvolkes Israel als auf selbst gebauten Brandopferaltären von Privatpersonen vollzogene Opferhandlungen dar.

Religionsgeschichtliche und archäologische Befunde belegen die Existenz von Höhenaltären und Höhenheiligtümern, die sowohl von der nomadisch geprägten als auch von der ländlichen, in kleinen Dörfern lebenden Bevölkerung der Levante aufgesucht wurden, um dort den Göttern zu opfern. Die Bibel erwähnt zahlreiche solche auch noch in der Eisenzeit („Königszeit“) gern aufgesuchte Kulthöhen.

Die endgültige Zentralisierung des Kultes auf den Tempel in Jerusalem dürfte ein Produkt der Exilstheologie sein; ob das „Zeltheiligtum“ des Exodus einen „wahren Kern“ besitzt, ist umstritten, für das weitere Selbstverständnis Israels aber jedenfalls von zentraler Bedeutung.

Die Ausprägung heutiger jüdischer Diasporagemeinden hängt zum einen vom Grad der „Orthodoxie“ der Gemeindeglieder, zum anderen von deren Assimilierungsgrad ab.


Ort: Otto Mauer Zentrum, Währingerstr. 2-4, Mezzanin, 1090 Wien