Forum für Weltreligionen
Kurt Schubert Gedächtnispreis 2016

Der Kurt Schubert Gedächtnispreis für interreligiöse Verständigung erging am 3. März an Mag. Ruth Steiner und Dr. Irmgard Aschbauer

KSP 2016 Preisträgerinnen mit Rektor Bsteh und Bischof Scheuer

In Erinnerung an den 2007 verstorbenen Doyen der Judaistik in Österreich, Prof. Kurt Schubert, initiierte das Forum für Weltreligionen im Jahr 2010 den Kurt Schubert-Gedächtnispreis. Es ist ein Preis, der interreligiöses Dialoggeschehen auf den verschiedenen Ebenen würdigt, fachlich-theologisches einerseits, wie existentiell-praktisches andererseits. Nicht zuletzt unterstreicht dieser Preis die Bedeutung des Widerstands gegen jegliche religionsfeindliche Totalitarismen. Dr. Irmgard Aschbauer und Mag. Ruth Steiner sind die diesjährigen Preisträgerinnen, die von einem Stiftungsrat vorgeschlagen, von Religionsgemeinschaften in Österreich bestätigt, sowie von einer Jury einstimmig angenommen wurden. Beide Kandidatinnen haben sich in diesen Bereichen hohe Verdienste erworben, besonders auch in ihrer Sorge um die Überlebenden des Konzentrationslagers Mauthausen. In seiner Eröffnungsansprache zeichnete Petrus Bsteh, der Leiter des „Forum für Weltreligionen“, das Profil Kurt Schubert als eine Persönlichkeit leidenschaftlichen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus nach. Landeshauptmann Pühringer würdigte die Bedeutung der Arbeit beider Preisträgerinnen für Oberösterreich, das durch die Ereignisse um Maushausen bis heute besonders betroffen ist: „Wenn uns die Zeitzeugen verlassen haben werden, muss die Erinnerung an die nächste Generation übergeben sein.“ Die Zusammenarbeit von Österreichischem Gewerkschaftsbund und der römisch-katholischen Bischofskonferenz mit den Israelitischen Kultusgemeinden Österreich wurde zum beispielhaften Signal für die Aufarbeitung der Vergangenheit und das vertrauensvolle Gestalten der Zukunft.

Der Diözesanbischof Manfred Scheuer ging in seinem Vortrag der Bedeutung des Gewissens im Widerstand gegen totalitäre Bewegungen nach: „Alle Ideologien haben ihre Märtyrer: Nationalsozialismus und Kommunismus (‚rote Helden’), Bürgerkriege und Revolutionen, Religionen und Kirchen, Reformation und Gegenreformation.“ Beispielsweise waren die blutigen Straßenkämpfe zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten und ihre Toten in der Weimarer Republik für den damaligen Gauleiter Goebbels hoch willkommen. Sie wurden von der Propaganda zu Märtyrern der nationalsozialistischen Bewegung stilisiert. „Sind auch die Selbstmordattentäter von heute ebenso Märtyrer wie die Zeugen der Gewaltlosigkeit? Fast alle Religionen und Ideologien haben ihre Blutspur in der Geschichte hinterlassen und selbst Märtyrer geschaffen.“ Scheuer erinnerte an die erschreckende Banalität des Bösen, indem er den Prozess Adolf Eichmanns von 1961 in Jerusalem zitierte, der für die massenhafte Tötung der Juden verantwortlich war und dennoch keinerlei Schuldbewusstsein zeigte, vielmehr Pflichtbewusstsein und Befehlsgehorsam als Handlungsmotive angab.

KSP 2016 Festredner

Der zweite Festredner, der Zeithistoriker Professor Bertrand Perz von der Universität Wien, führte noch tiefer in die Gefährdung menschlicher Gesinnungen hinein, als er seine Recherchen zur Täterforschung vorstellte: ein Drittel der Lagerinsassen in Mauthausen und seinem Außenlager starben durch aktive Gewalthandlungen durch das Aufsichtspersonal. Aber nur ein geringer Teil dieser Wächter waren Überzeugungstäter mit SA-Vorgeschichte, denen gewalttätiges Verhalten anerzogen ist. Die Forschung komme zum erschütternden Ergebnis, dass die Mehrheit „normale“ Biographien habe und aus allen Teilen der Gesellschaft stamme. Man müsse sich weiterhin die Frage stellen, was Menschen bewogen habe, solchen Gewalttaten auszuüben. Die Verleugnung vergangener Verbrechen sei selbst ein Verbrechung und die Saat für neue Gewalt, so Perz.

Als erster Laudator würdigte Altbischof Maximilian Aichern die Persönlichkeit Dr. Irmgard Aschbauer, die er durch die Zusammenarbeit in verschiedenen Foren seiner eigenen Verantwortungsbereiche gut kannte. Besonders Ihr Wirken unter den Überlebenden des Konzentrationslagers Mauthausen wurde unterstrichen, zugleich aber auch ihr unermüdlicher Versuch, die Kirche und Synagoge in Oberösterreich wieder in ein Vertrauensverhältnis zu führen.

Oberrabbiner Eisenberg schilderte in warmen Worten das neue Verhältnis der Christen zur Judenheit, das durch das II. Vatikanische Konzil einen erstaunlichen Durchbruch erzielte. Lebendige Zeugen dieser Anerkennung sind besonders wertvoll, wenngleich Mischformen religiöser Koexistenz - wie heute vielfach anberaumt - dabei nicht hilfreich sind, sondern die Spannung gegenseitiger Identität jeweils gewahrt bleiben muss. Ruth Steiner, der er durch viele Jahre freundschaftlich verbunden ist, hat versucht, so gut wie möglich Brücken zwischen ihrer jüdischen Herkunft und ihrem christlichen Bekenntnis zu schlagen. Sie widmete ihr ganzes Leben beispielhaft diesem Anliegen. Dieser Versuch bleibt freilich bruchstückhaft, wenngleich sein Wert über alle Zweifel erhaben ist.

Festschriftüberreichung Lh Dr. Pühringer

Im Anschluss an die Veranstaltung wurde die Kurt-Schubert-Gedächtnispreis Festschrift an LH Dr. Pühringer, der den Ehrenschutz der Feier in Linz übernommen hat,  überreicht. Wir danken allen Förderern und Mitarbeitern für die freundliche Unterstützung der Preisverleihung.